Pressemitteilung
Jakob Lena Knebl und Markus Pires Mata kreieren spektakuläre Installationen zwischen Kunst und Design. Mit viel Vergnügen verbinden sie Mode, Malerei, Skulptur und Populärkultur. Genussvoll verknüpfen sie dabei High und Low, Kritik und Humor. Sie sind provokant und plakativ.
Knebl und Mata wurden eingeladen, aus den universalen Sammlungen des Hessischen Landesmuseums Darmstadt eine persönliche Auswahl zu treffen und diese mit eigenen Werken in einer großen Rauminstallation zu inszenieren. Die Ausstellung im Großen Saal wird dadurch zu einer einzigartigen sinnlichen Erfahrung.
Ihre Recherchen führten Knebl und Mata nicht nur zu den Beständen von Malerei und Skulptur, sondern auch in die Depots für Kunsthandwerk und Zoologie, wo sie lange nicht Ausgestelltes aufspürten – eine Colaflasche ebenso wie Schleiereulen, eine Bronzekatze und ein Buch über die Geschichte der Gewerkschaften.
Durch die Kombination von Kunst und Naturalia sowie dem subjektiven kuratorischen Ansatz brechen Knebl und Mata mit den gewohnten Vorstellungen von Museumspräsentationen. Statt wissenschaftlichen Kriterien zu folgen, spüren sie assoziative Verwandtschaften über Oberflächen, Motive, Themen oder Farben auf. Im Vordergrund stehen das Sehen und Entdecken.
Die Ausstellung präsentiert Konstellationen quer durch Sammlungen, Stile, Zeiten, Genres und Gattungen. Sie startet mit einem privat anmutenden Wohnraum, dessen Wände sich durch Fototapeten illusionistisch zu einem hellen, durch Birkenstämme gegliederten Draußen öffnen.
Das im Museum überraschende Nach-Hause-Kommen ist auch ein Aufbruch ins Unerwartete. Wer in einen Wald geht, überschreitet eine Grenze. Es ist ein Kosmos, in dem im Märchen Gefahren lauern, den Feen bevölkern und sich Wandlungen vollziehen. Die im Internet bestellte Naturillusion ironisiert die berühmten Darmstädter Dioramen.
Dabei vermischt sich Privates mit Öffentlichem. So darf man beispielsweise auf den ausgestellten Sofas Platz nehmen und so den überraschenden Wohnraum mit Teppich und Lampen sowie Skulpturen und Bildern teilen.
Die Schau lässt vieles in der Schwebe, so dass – wie in Wunderkammern der Renaissance – alles als Teil eines kuriosen Kosmos‘ erscheint, in dem Kunst-, Kultur- und Modegeschichte ebenso eine Rolle spielen wie handwerkliche Traditionen oder Populäres. Gemälde werden nicht nur an Wände gehängt, sondern schweben über den Köpfen der Besuchenden. Wie einzelne Noten schweben die »Flying tunes« durch die Luft.
Natürliche Mineralien stehen aufwendig gestalteten Schmuckstücken gegenüber, Alltagsglas aufwendig dekorierten Pokalen. Tierpräparate treten in direkten Dialog mit Kunstobjekten. Zudem sind Tiere stete Begleitung auf dem Rundgang. In der Installation »Stadt/Land/Fluss« geht es humorvoll um das Verhältnis von Mensch, Natur und Tier in der Stadt. Mit Marcel Duchamp stellen Knebl und Mata provokant die Frage, was wir als Kunst ansehen: das Schöne, das Ausgefallene, das Seltene?
Als Künstler-Designer*innen sind Knebl und Mata Spezialist*innen der Inszenierung. So fotografierte sich Knebl 2011 in Anspielung auf Joseph Beuys‘ revolutionären Kunstbegriff als »Fettecke« und präsentiert ihre Hommage nun im Treppenhaus. Die ausladenden Körperformen von Henri Laurens voluminöser Skulptur »Große Badende« formte sie in gelbem Kunststoff und mit einer comichaften Perücke nach. In Darmstadt begegnen sich die beiden Skulpturen nun zum ersten Mal.
Jüngst ließ sie die mittelalterliche Skulptur der Maria Magdalena des Ulmers Gregor Erhart zur Hälfte in Bronze gießen. Die Nackte ohne Vorderteil erweist sich als erstaunlich geschlechtsneutral. In ihrer Darmstädter Ausstellung kombiniert Knebl sie mit dem anmutig und selbstbewusst voranschreitenden Christuskind des Vaters, Michael Erhart, dem Daumen von César und Schuhen aus Bergkristall von Marina Abramovi?. Körperformen und Darstellungen können so über Jahrhunderte verglichen werden.
Knebl und Mata interessieren sich für Grenzüberschreitungen und unser Verhältnis zu den Dingen, die uns umgeben: So wie wir mit unserer Kleidung etwas über uns aussagen, so prägen diese uns. Die beiden Künstler*innen verstehen sich als Transformierende.
Im Hessischen Landesmuseum Darmstadt haben sie eine Raumordnung entworfen, in der sich Bedeutungen und (Be-)Wertungen von Objekten wandeln können. Durch Überlagerungen werden die Objekte vielfältig miteinander verbunden und als Teil unserer unüberschaubaren Natur-, Kultur- und Konsumwelt erlebbar. Damit steigern Knebl und Mata nicht nur die provokanten Effekte ihrer subjektiven, lustvoll assoziativ getroffenen Auswahl, sondern regen zum Dialog der Diversität an.
Sie eröffnen neue Perspektiven auf Vertrautes und fordern uns heraus, Sichtweisen zu hinterfragen. So wird die Ausstellung zu einem ästhetischen Erlebnis über die Beziehungen zwischen Mensch, Objekt und Gesellschaft.